* 1974 in Bern, lebt und arbeitet in Zürich

 

KERIM SEILER: PNEUMA, SOMNAMBUL

Im Zentrum von Kerim Seilers Arbeiten stehen Auseinandersetzungen mit alltäglichen zivilisatorischen Statements. Humorvoll pathetisch und mit einem untrüglichen Sinn für eine dialogische Ästhetik packt er Bestehendes am liebsten eigenhändig in kulissenhafte Objekte und Installationen. Tragenden Funktionen und Repräsentationspflichten enthoben, lassen die Arbeiten von Kerim Seiler absurde Zusammenhänge quer durch die Kulturgeschichte in den Raum wachsen. Vor fast zehn Jahren hat er in Appenzell die Ornamente der Fassadenmalerei in der schmucken Hauptgasse auf den Boden geholt, was in Kombination mit den Spuren eines wendenden Autos als neuartige Strassenmarkierungen für einige Verwirrung sorgte. Gemeinsam mit Nic Hess schuf er 1999 in der Kunst Halle St.Gallen «Durchbruch» als prozesshaft entwickelte Wellnesslandschaft. Es folgten zahlreiche Interventionen in unterschiedlichen Räumen. Mit «Lampenfieber» leuchtete er 2004 die neuen Räume der Galerie Kulli in Zürich aus. Für die Ausstellung «Situationistische Internationale» 2007 im Museum Tinguely in Basel hat er eine grosse Tribüne mit Unterlicht für das Spektakel der Antikunst gezimmert.

Für den Innenhof des Fünfeckpalastes in Trogen hat Kerim Seiler eine Struktur entwickelt, die als eigenwilliges Gebilde wie eine Zellvermehrung wächst, die Blumengebinde, Kristallfunkeln, Weihnachtsschmuck und Traumgespinst als Mixtur vereint und den Hohlraum des Palastes mit den vielen Zugängen besetzt. Roh zugehauene Tannenäste und Pfähle, die auch aus den nahen Wäldern stammen könnten, sind mit Seilen zu Tetraederformen verknotet. Selbsttragend sorgt die ins Unendliche weisende und nächtens bunt leuch-tende Struktur paradoxerweise nicht für mehr Klarheit, sondern verwirrt die Sinne. Dem properen, heute unter anderem als Gericht genutzten Palast wird nacktes Improvisationsgebaren und ein dionysisches Naturverständnis entgegen gehalten.
Wie ein Zerrspiegel nimmt das Gebilde«Pneuma, somnambul» den Charakter der Hausfassaden mit ihren zahlreichen kleinteiligen Sprossenfenstern auf. Die unregelmässige, namengebende Grundform des Innenhofes ist in die dreidimensionale Arabeske integriert. Seiler stellt der Summe des Ortes ein geschichtsbewusstes Objekt in den Weg, das leicht, verspielt und trotzdem messerscharf einen Hauch weltgewandter Würze platziert. Die Skulptur als Experiment situationsbezogener Entwicklung bleibt angenehm sinnentleert und überragt vom Schalk des Machers.

 

KERIM SEILER STELLT AUS IN DER

 

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Pneuma, somnambul, 2007
Diverse Materialien, Grösse variabel

 

Kerim Seiler, Bildmontage