* 1938 in Appenzell, lebt und arbeitet in St.Gallen

 

ROMAN SIGNER: AN DER BRÜCKE

Ein Stuhl steigt in die Höhe, immer höher, wie ein Drache an einer Schnur, um plötzlich in sich zusammenzufallen und abzustürzen, als wäre er Ikarus und mit den Wachsflügeln zu nah an die Sonne geraten. Der Stuhl mit Düsenantrieb und Fernsteuerung ist an einer der Brücken befestigt, die St.Gallen über die Sitterschlucht mit dem Appenzellerland verbindet. Roman Signer, der in Appenzell aufgewachsen ist und in St.Gallen lebt, hat schon viele Arbeiten – Zeitskulpturen – an der einen oder anderen dieser Brücken gemacht. 1980 liess er Kisten über Brücken fallen und zwei Jahre später schickte er einen Hocker mit einer Rakete in die Luft. 1985 warf er einen Hocker, der mit einem Gummiseil am Geländer befestigt war, von der Haggenbrücke. Eine der bekanntesten Brücke-Arbeiten ist «Koffer auf der Brücke» von 1985: Ein mit Wasser gefüllter Kanister wird von der unterdessen abgebrochenen Hundwilerbrücke in die Tiefe geworfen und zieht den angeseilten Koffer zeitlich verzögert mit sich mit.

«An der Brücke», das filmisch festgehaltene Ereignis vom Herbst 2005, ist im Hinblick auf die Ausstellung «För Hitz ond Brand» und die Platzierung in der Grubenmann-Sammlung in Teufen entstanden. Roman Signer weiss bestens um die Bedeutung der Baumeisterfamilie Grubenmann aus Teufen, die sich mit der Konstruktion weit gespannter Dachstühle und Holzbrücken einen Namen gemacht hat. Legendär sind die Leistungen von Hans Ulrich Grubenmann (1709–1783), der unter anderem die Rheinbrücke über Schaffhausen, den Honnerlagschen Doppelpalast in Trogen und die noch bestehenden Brücken über die Urnäsch bei Hundwil und Stein baute.

Mit «An der Brücke» führt Signer das autodidaktisch erworbene Können der Familie Grubenmann im Brückenbau in die Gegenwart und in die zeitgenössische Kunst. Als Ort des Ereignisses wählte er nicht eine Grubenmannsche Holzbrücke, sondern die 1936 erbaute Haggenbrücke zwischen St.Gallen Haggen und Stein AR, eine Stahlkonstruktion für Fussgänger und Kleinfahrzeuge. Und fliegende Stühle. Mit seiner Experimentierlust schliesst Roman Signer unmittelbar an die Selbstexperimente Hans Ulrich Grubenmanns an, der die Brücken jeweils mit seinem beachtlichen Eigengewicht getestet haben soll. Ausgewählte Filmstills aus «An der Brücke» zeigen in reduzierter Farbigkeit grosse Nähe zu den technischen Zeichnungen Grubenmanns, wie sie im Museum in Teufen hängen und die zahlreichen Brückenmodelle begleiten. Sie werden in die eigentliche Sammlung «geschmuggelt». Die Fülle im Raum bekommt mit Roman Signers Düsentriebarbeit eine willkommene Lockerung: Einen in die heutige Zeit vorgeschobenen und melancholisch unterlegten Auftakt, der die historischen Leistungen der Grubenmanns still und humorvoll würdigt, ohne den Blick auf die ewigen Sehnsüchte des Menschen zu verlieren.

 

ROMAN SIGNER STELLT AUS IN DER

 

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Präsentation der Arbeit von Roman Signer im Grubenmann-Sammlung in Teufen.

 

 

An der Brücke, 2005
Video 1'45'' (Kamera Aleksandra Signer, Technik Armin Caspari)