* 1970 in Wattwil, lebt und arbeitet in Zürich

URL http://www.freymondguth.com/LSper.html
URL http://www.azple.com

 

LOREDANA SPERINI: NASCOSTO

Bekannt geworden ist Loredana Sperini durch ihre Stickarbeiten, Zeichnungen mit Nadel und Faden auf Herrentaschentüchern, Servietten, Leintüchern, die das Thema der Entschleunigung mit dem Moment der Auflösung kombinieren. Langwierig und sorgsam bringt sie psychologische Darstellungen innerer Prozesse als Körperkräfte und -säfte in kohlenschwarze Formen. Häusliche Formate wechseln mit wandfüllenden Rauminstallationen. Seit einiger Zeit arbeitet Loredana Sperini auch mit Wachs. In der Kunst Halle St.Gallen hat sie 2005 mit «Esiste Comunque» eine reliefartige Wandzeichnung als düsteres Weltbild geschaffen, das die Köpfe rollen und das Denken untergraben lässt.

Im Dachgeschoss des Museums Appenzell zwängt sich das Gefängnis als enges Blockhaus zwischen die Balken. Loredana Sperini fühlt sich von der Stimmung gefesselt. Sie hat für den Gefängnisraum Figuren geschaffen: In Epoxiharz getränkte und gestärkte Kleiderhüllen um Gipskörper, die als Stellvertreter der Gestraften und der Freiheit Beraubten die Zelle bevölkern. Die körperlosen Hüllen repräsentieren aber nicht historische Figuren, sondern Menschen von heute – Jugendliche in Kapuzenpullis. Schön und verstörend zugleich leuchten sie als brennende Sehnsüchte aus der Düsternis der Zukunft. Die sonst Trost spendende Geste des brennenden Lichtes verkehrt sich in einen Moment des Grauens, in die vage Befürchtung, die Anliegen der Jugend überhört zu haben. Leiden ist allgegenwärtig. Aber auch Andacht schwingt mit, das Prozessieren und Beten hier wie ennet dem Säntis – Beten für verlorene Seelen. Im nahen Toggenburg aufgewachsen, erinnert sich Loredana Sperini zwischen den Folter- und Tötungsvorrichtungen des Museums einer tabuisierten und bewegenden Gemeinsamkeit der Kantone rund um den Säntis: der hohen Selbstmordrate. In den schauerlichen Ort der Verbrechen, zu denen auch der Suizid gehört, kehrt unvermutet Empathie und Würde ein.

 

LOREDANA SPERINI STELLT AUS IM

 

home | zurück

Gefängniszellen im obersten Stock des Museums Appenzell,
wo die Arbeit von Loredana Sperini installiert ist.

 

Nascosto, 2007
Ohne Titel, Polyester, 118 x 65 x 83 cm